Methodik der GIDAS Erhebung
Besonders für Gesetzgeber und Forscher im Bereich der Verkehrssicherheit sowie Automobilhersteller und Zulieferer ist es von grundlegendem Interesse, was die Ursachen und die Begleitumstände eines Verkehrsunfalls waren. GIDAS erhebt polizeilich gemeldete Verkehrsunfälle mit Personenschaden in einem Umfang von bis zu 3500 Einzelinformationen und systematisch angefertigten Bildern, welche in einer Fallakte anonymisiert zusammen geführt werden. Wichtig ist dabei, dass alle erhobenen Daten rein wissenschaftlichen Zwecken dienen und nicht wie eine polizeiliche Ermittlung zur Feststellung der Schuldfrage herangezogen werden. Aus der amtlichen Verkehrsunfallstatistik lassen sich nur in begrenztem Umfang Informationen zu Unfallentstehung, Unfallablauf, Verletzungsmechanismen und Folgen von Verkehrsunfällen analysieren. Um dem Forschungsbedarf des Gesetzgebers und der Industrie zu genügen, werden weitergehende, d.h. vertiefte Informationen bzw. Datengrundlagen benötigt. Diese Lücke wird geschlossen, indem speziell ausgestattete und ausgebildete Erhebungsteams eine möglichst repräsentative Teilmenge aller polizeilich gemeldeten Verkehrsunfälle mit Personenschaden an zwei Erhebungsstandorten in Deutschland, unabhängig von der polizeilichen Zielsetzung, nach rein wissenschaftlichen Aspekten erheben und anonymisiert dokumentieren. Dabei werden bis zu 3500 Einzelinformationen pro Unfall gesammelt und systematisch Fotos angefertigt, welche in einer Fallakte zusammengeführt werden.
Dier Erhebung unterliegt einem Stichprobenplan, da eine Vollerhebung nicht umsetzbar ist. Die Erhebungszeiten sind in Blöcke à 6 Stunden aufgeteilt, von denen jeweils 2 pro Tag bedient werden (00:00 bis 6:00 Uhr und 12:00 bis 18:00 Uhr bzw. 6:00 bis 12:00 Uhr und 18:00 bis 24:00 Uhr).Die Aufteilung der Blöcke alterniert wochenweise und ist zudem unter den Erhebungsteams komplementär abgestimmt.Wird ein Unfall über die Polizeileitstelle innerhalb eines Erhebungsblocks gemeldet, fahren die Teams bestehend aus technischem und medizinischem Personal zur Unfallstelle.
Essentiell für eine spätere Rekonstruktion und Analyse ist die umfassende Aufnahme der gesamten Begleitumstände des betrachteten Unfalls. Dazu werden Informationen auf unterschiedlichen Ebenen eingeholt: die Beschreibung des Unfallablaufs und des Unfalltyps, der Unfallart u.a. mit Skizzen bzgl. Fahrtrichtungen, Kollisions- und Endstellungen; eine Charakteristik der Beteiligten- medizinische Daten der verunfallten Personen und ggf. technische Daten ihrer Fahrzeuge. Auch der Ablauf der Rettungskette, die Absicherung der Unfallstelle sowie der Verkehrsfluss zur Unfallzeit werden aufgenommen. Einige der Aufnahmeebenen werden im Folgenden näher beleuchtet.
Datenschutz
Der Datenschutz ist für eine solche
wissenschaftliche Erhebung von außerordentlicher Wichtigkeit. In der GIDAS Datenbank
liegen alle Informationen ausschließlich anonymisiert vor. So werden von den am
Unfall beteiligten Personen Namen, Adressen, Geburtsdaten etc. nicht gespeichert. Es
wird alles daran gesetzt eine Identifikation von konkreten Unfällen und deren
Beteiligten unmöglich zu machen. So werden genaue Unfallzeiten, Kennzeichen,
Fahrgestellnummern etc. ebenfalls nicht gespeichert. Auf allen Bildern werden die
Gesichter der Beteiligten, Kennzeichen, sowie besondere Merkmale wie Aufdrucke auf
Fahrzeugen unkenntlich gemacht. .
Es wird regelmäßig intern überprüft, ob die
angewandten Methoden zum Schutz dieser Daten noch zeitgemäß sind bzw. den
Anforderungen der Datenschutzverordnung genügen.
Die Umwelt
Für eine möglichst präzise
Rekonstruktion dokumentiert das Erhebungsteam vor Ort sämtliche Umwelt- und
Straßenverhältnisse. Nicht nur die Sichtverhältnisse, sondern auch die Straßendaten,
wie Straßengeometrie, -zustand, -temperatur sowie Neigungsverhältnisse,
Wasserfilmhöhen und Verkehrsregelungen werden aufgenommen. Die Umweltinformationen
sind auch für die Bewertung der Rahmenbedingungen von Unfällen relevant.
Die Beteiligten
Neben Basisinformationen zu
Alter und Geschlecht eines Unfallbeteiligten sind auch Daten zum Führerscheinbesitz,
etwaigen Einschränkungen wie Krankheiten und Stressfaktoren, aber auch Fahrerfahrung
und Ablenkungen wichtig.
Eine psychologische Befragung der Beteiligten kann
weitere Aufschlüsse über den Unfall bringen. Falls es die Situation erlaubt, wird
der Unfall noch einmal gemeinsam durchgegangen, um bspw. herauszufinden, wie der
Beteiligte den Unfall empfunden hat. Oftmals kann daran erkannt werden, wo die
Schwachstelle im Zusammenspiel zwischen Mensch, Umwelt und Technik lag. Für die
Systementwickler ist das der beste Anknüpfungspunkt, um die Technik im Auto zu
verbessern und den Menschen zu unterstützen.
Mit der Einverständniserklärung der
Beteiligten werden mögliche Langzeitfolgen untersucht und Behandlungsmaßnahmen im
Krankenhaus in die Akte aufgenommen. Dieser erweiterte Blick auf das Geschehen, auch
in Hinsicht auf die Rettungskette direkt nach dem Unfall, ermöglicht auch
Krankenhäusern und Rettungsassistenten eine Verbesserung in ihrem Handeln.
Mit
den erhobenen Unfalldaten wird später eine Rekonstruktion des Unfallhergangs
vorgenommen. Anhand der Unfallskizze kann fahrdynamisch und belastungsdynamisch
genau wiedergegeben werden, wie der Unfall abgelaufen ist. Dabei werden auch
Parameter wie Blickbeziehungen und Krafteinwirkungen sichtbar gemacht. Der nächste
Schritt ist die Simulation des Unfalls. Hier können verschiedene Parameter verändert
werden, um zu sehen, wie sich der Unfall beispielsweise mit einer geringeren
Geschwindigkeit verändert hätte. So kann der Nutzen von aktuellen
Sicherheitssystemen bewertet werden und neue Sicherheitsideen können entstehen.